An der Wiege von ORiON stand David Reichel, der heutige Solution Architect des Produktportfolios von GRiT. Ende 2000 begegnete er Dalibor Damborský, dem Gründer von GRiT, und sie beschlossen, das erste tschechische Cloud-Tool für den elektronischen Datenaustausch (EDI) zu entwickeln. Sie waren davon überzeugt, dass die Flexibilität und der niedrige Preis des Cloud-Systems genau das seien, was die Unternehmen dazu antreiben würde, Dokumente im großen Stil elektronisch auszutauschen.
Und dann nahm die Sache ihren Lauf. Im Februar 2001 unterschrieb man einen Mietvertrag für ein „Büro“ auf dem Gelände eines ehemaligen VEGs (Volkseigenes Gut) in Opava. Der Raum war 3×4 Meter groß und die Miete betrug knapp 2000 einschließlich Betriebskosten, Strom und weiterer Gebühren. Per Leasing wurden drei neue Computer angeschafft, und David Reichel machte sich an die Entwicklung der ersten Version von ORiON.
„Das waren turbulente Zeiten für mich. Am 28. Februar hatte ich Computer aus Brünn nach Opava geholt und lud sie kurz vor Mitternacht im Büro aus. Am nächsten Tag kam um 2 Uhr morgens meine Tochter zur Welt und noch am selben Tag reichte ein Kollege, der mit mir zusammen am Bereich EDI arbeiten sollte, die Kündigung ein. Ich saß allein im Büro mit neuen Computern und den Kopf voller Emotionen. Nie hätte ich gedacht, dass die ORiON-Geschichte einen solchen Anfang nimmt“, erinnert sich David Reichel.
In ein paar Monaten entwickelte David mit zwei Codern einen Software-Prototyp und der erste erfolgreiche Auftrag kam im September. Davids Team hatte ORiON der Einkaufszentrale COOP MORAVA angeboten, für die man zuvor iCOOP, eine Lösung für die Einkaufsplanung, entwickelt hatte. ORiON vernetzte diese Lösung nicht nur mit den Konsumgenossenschaften, sondern vor allem mit den Lieferanten. Im Schnelldreher-Segment (FMCG) war EDI einigen Lieferanten bereits bekannt, weil ihre Abnehmer aus dem Ausland darauf drängten. Dennoch war die Anbindung der COOP Lieferanten keine leichte Geburt.
„Der Unterschied zwischen der Anbindung von Lieferanten heute und vor 20 Jahren war riesig. Damals hatten die meisten kleinen und mittelgroßen Unternehmen nie von EDI gehört, sodass wir jeden COOP-Lieferanten persönlich aufsuchen und von Null erklären mussten, was unter EDI zu verstehen ist, was für Vorteile er bietet und so weiter und so fort. Auch das Nachrichten-Portfolio war anders. Der größte Druck lag auf dem elektronischen Austausch von Bestellungen. Lieferavis wurden damals noch nicht verwendet und bei den Rechnungen hatte man erst damit angefangen und sie wurden meist nicht als legitimer Steuerbeleg akzeptiert. Also hatten wir viel weniger Argumente als heute“, blickt David Reichel zurück.
Im Oktober 2001 begann COOP Morava mit den Lieferanten Bestellungen elektronisch auszutauschen und ORiON gewann so die ersten Kunden. In dieser Zeit übertrug CCV (heute GRiT) ORiON von der eigenen Hardware in ein externes Datenzentrum, um die Kundendaten Profis anzuvertrauen.
Einen Wendepunkt für ORiON brachte das Unternehmen Walmark, das Bio-Nahrungsergänzungsmittel herstellt. Damals lief EDI bei Walmark über eine veraltete Lösung eines anderen EDI-Providers. Der Umstieg auf ORiON verlief aber dennoch glatt, und so entstand die historisch erste Fallstudie – darüber, wie wir eine alte Lösung ohne Probleme durch eine moderne Dienstleistung ersetzen konnten. Diese sollte in der Zukunft viele Kunden anlocken, und Davids Team erlangte wertvolles Know-how.
Über COOP Morava kam Davids Team auch zu dessen Lieferanten, der Molkerei Mlékárna Kunín. Auch hier nutzte man eine umständliche Serverlösung der Konkurrenz, mit der man sich herumärgerte und sich nicht noch mehr Sorgen mit einem Wechsel zu einem anderen EDI-Provider aufladen wollte. Daher machte David Reichel mit der Molkerei einen Deal: „Ich bot ihnen an, ORiON umsonst zu implementieren und an ihr ERP-System anzubinden. Sollte dies funktionieren, würden sie auf uns umsteigen, wenn nicht, würde es sie nichts kosten. Das kostete uns viel Mühe und Überredungskunst, aber alles klappte wie am Schnürchen und wir hatten gelernt, komplizierte Lösungen der Konkurrenz zu übernehmen.“
Danach wurde ORiON zu einer Ausschreibung von Nestlé (schon damals ein weltweit agierender Konzern) eingeladen. „Das war das erste Mal, das wir mit einem so großen Unternehmen am Verhandlungstisch saßen. Als ich bei der Präsentation eintraf, kam ich mir vor wie Aschenbrödel auf dem königlichen Ball. Die von Nestlé wollten überprüfen, ob es auf dem Markt nicht interessantere Lösungen gibt, sei es vom Preis oder von den Funktionen her. Daher waren die Erfahrungen mit Walmark und Mlékárna Kunín sehr hilfreich für mich. Zu guter Letzt war man von den Möglichkeiten unserer modernen und flexiblen Lösung derart überrascht, dass man beschloss, den EDI-Dienstleister zu wechseln und auf ORiON umzusteigen”, denkt David Reichel zurück.
Die Implementierung bei Nestlé verlief reibungslos bei vollem Betrieb und ORiON erlangte so eine tolle Referenz von einem internationalen Unternehmen. Das löste eine Lawine neuer Kunden aus.
Einer der größten EDI-Provider und Konkurrenten von ORiON beendete 2010 seine Tätigkeit und gab dies seinen Kunden nur wenige Monate vorher bekannt. Die Firmen begannen daher im großen Stil Ausschreibungen durchzuführen und ORiON brachte dies rund 50 neue Kunden ein. Unter anderen das Einzelhandelsunternehmen Globus und den Baumarkt OBI. „Im Vergleich zu den Vorjahren, in denen wir potenzielle Kunden davon überzeugen mussten, was wir alles drauf haben, hatte sich die Situation geändert. Die von Globus und OBI kannten uns bereits, weil wir bei ihnen kleine Lieferanten an die Lösung webEDI angebunden hatten“, erklärt David Reichel. webEDI ist eine einfachere Version von ORiON, auf die man von einem Webbrowser zugreifen kann, die schnell und einfach in Betrieb genommen werden kann.
Dank OBI und dessen Lieferanten gelang ORiON der Durchbruch in das neue Hobbysegment DIY (Do It Yourself). Später gewann ORiON Pilsner Urquell als Kunden hinzu, mit dem man 2002 die ersten Verhandlungen geführt hatte. Wegen Umstrukturierungen, die die Sichtweise auf EDI verändert hatten, hatte man beschlossen, diesen Bereich outzusourcen. „Ihr Abnehmer Ahold, der zum Beispiel die Supermärkte Albert betreibt, hatte Bedenken wegen des Wechsels, weil er mit Pilsner Urquell große Mengen an Dokumenten austauscht. Am Ende war man angenehm überrascht, da die Umstellung reibungslos abgelaufen ist, ohne dass auch nur eine einzige Bestellung verloren ging“, so David Reichel.
EDI kam bisher besonders im Schnelldreher-Segment (FMCG) zum Einsatz, doch mit dem Boom des Onlinehandels eröffneten sich für EDI neue Möglichkeiten. Wir von ORiON lagen nicht auf der faulen Haut, sondern machten uns daran, die Big Player im Onlinehandel aktiv anzusprechen. Mit Erfolg – als Erster wagte MALL.CZ den Umstieg auf ORiON, wenig später folgten Alza und Datart.
„Diese Unternehmen regeln einen Großteil der Tools intern in Form einer eigenen IT-Abteilung, indem sie zum Beispiel häufig einen eigenen E-Shop entwickeln. Ausschlaggebend war daher, sie zu überzeugen, dass sie erhebliche Kosten sparen, wenn sie EDI auf einen Cloud-Dienst outsourcen. Sehr hilfreich für uns war unsere Erfahrung mit vielen ERP-Systemen auf dem tschechischen Markt und auch unsere Lösung webEDI, mit der eine große Menge kleiner Lieferanten auf einfache Weise angebunden werden kann“, erklärt David Reichel.
In der ersten Dekade gelang es ORiON, sich auf dem EDI-Markt zu etablieren. Ein weiteres Wachstum erzielt es in den Bereichen FMCG, Pharmazie und Onlinehandel und dringt zum Beispiel auch im Baustoffhandel vor. ORiON wird u. a. von K&V Elektro, Sonepar, Elfetex und Elkov genutzt.
In den 20 Jahren ist das ORiON-Team ordentlich gewachsen. Heute setzt es sich nicht bloß aus David Reichel und ein paar Codern zusammen: In den Büros in Opava arbeiten mittlerweile mehr als 20 Leute an ORiON. Doch auch das ganze Unternehmen hat einschneidende Änderungen hinter sich. Im Jahr 2019 führten wir ein Rebranding von "CCV Informační systémy" auf "GRiT" durch und fokussierten uns ausschließlich auf die Entwicklung eigener Cloud-Produkte, nicht auf die Implementierung von Systemen anderer Hersteller.
Heute begleitet GRiT seine Kunden bei der Automatisierung interner Prozesse. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, nicht nur Tools zu liefern, sondern Unternehmen allgemein von Papierkram und Routinearbeiten zu befreien. Außer ORiON entwickeln wir das Lagerverwaltungssystem LOKiA WMS oder auch iNVOiCE FLOW, ein Tool zur Automatisierung der Bearbeitung von Eingangsrechnungen. Darüber hinaus bieten wir die Dienstleistung Roger Zahlung zur Finanzierung von Rechnungen. Und auf David Reichel, den Urvater von ORiON, kommt bald eine neue Rolle zu: „Vom EDI-Architekten verlagere ich den Schwerpunkt meiner Arbeit darauf, alle unsere Dienstleistungen weiter auszubauen und neue Wege zu finden, wie diese miteinander vernetzt werden können."