SSCC trägt zu mehr Effizienz im Wareneingang bei, so David Reichel

Automatisierung
15.2.2022

Zur eindeutigen Identifizierung einer Versandeinheit wie etwa einer Palette dient der SSCC (Serial Shipping Container Code bzw. Nummer der Versandeinheit). Über die Möglichkeiten und Perspektiven der Nutzung des SSCC, beispielsweise in Verbindung mit Kommunikation per EDI, haben wir mit David Reichel gesprochen, der bei GRiT als Solution Architect tätig ist.

Wie hoch ist der derzeitige Nutzungsgrad von SSCC in der Logistik? In welchen Branchen findet er mehr Anwendung, in welchen weniger?

Zunächst möchte ich noch einmal den Unterschied zwischen SSCC und ELE (sog. Europäisches Logistiketikett) aufgreifen. Der SSCC allein verrät uns nämlich nicht allzu viel. Dieser Code ist einfach nur eine einmalige Nummer einer Versandeinheit. In dieser Form spielt diese Nummer eine wichtige Rolle bei der Rückverfolgbarkeit einer Ware, da mit ihr jederzeit festgestellt werden kann, wo sich eine Versandeinheit mit einer konkreten Ware in der Lieferkette gerade befindet. Der SSCC wiederum bildet einen festen Bestandteil der Logistiketikette, in die dank dem GS1-128-Standard weitere Angaben zur transportierten Ware enthalten sind, in der Regel die GTIN (Global Trade Item Number), die Warenmenge in der Versandeinheit, die Charge oder auch das Ablaufdatum.

Hiermit kommen wir zum praktischen Gebrauch, da der Empfänger ganz einfach mit einem Lesegerät die Codes von der Palette ablesen und in seinem System gleich den Wareneingang vornehmen kann, da er weiß, was sich genau auf der jeweiligen Palette befindet, und diese gleich einbuchen (in den verfügbaren Warenbestand aufnehmen) usw. kann, ohne vorher ihren Inhalt auspacken und überprüfen zu müssen. Dies gilt natürlich nur für homogene Einheiten, also beispielsweise eine Palette mit nur einem Produkt derselben Charge.

Die Kennzeichnung mit SSCC kann mit der Kommunikation per EDI verbunden werden, und damit erhalten wir auf einmal ganz neue Möglichkeiten. Denn wenn in meinem Lager Ordnung herrscht und ich genau weiß, welche Ware oder welche Charge auf welcher Palette liegt, warum sollte ich das dann nicht gleich teilen? Das bedeutet, dass die Palette nicht nur mit einer eindeutigen Identifikation in Form von SSCC versehen sein kann, sondern auch dass in der Kommunikation über EDI gleich ein Lieferavis (DESADV)  abgesendet werden kann, das die genaue Aufteilung der Ware auf die einzelnen Paletten enthält. So weiß der Abnehmer genau, auf welcher Palette sich welche Ware aus der gesamten Lieferung befindet bzw. kennt die Seriennummern, Chargen oder Ablaufdaten der jeweiligen Ware auf einer konkreten Palette, sofern der Lieferant diese Informationen teilt.

Das oben genannte Beispiel für einen Wareneingang ändert sich in diesem Moment. Nun kann ich jede Palette mit nur einem "Piep" (Ablesen des SSCC) in Empfang nehmen, und mein Lagersystem weiß sofort (durch die Daten des Lieferanten zu dieser Palette), um welche Palette es sich handelt, welche Produkte sich darauf befinden, welche Chargen, Ablaufdaten oder auch einzelne Seriennummern sie haben. Und dies sowohl für homogene als auch für gemischte Paletten.

SSCC hat in der Logistik also eine große Anwendungsbreite. Größere Abnehmer oder Logistikfirmen mit zunehmenden Lieferungen, die immer größer werden (d. h. der Lieferant liefert mehr Paletten) und mit einer steigenden Zahl an Lkws, die auf eine begrenzte Anzahl an Rampenkapazitäten und Lieferfenstern stoßen, wollen und müssen einfach effizienter werden. Und die Möglichkeit, eine ganze Palette auf einmal in Empfang zu nehmen oder die Abfertigung eines LKWs zu beschleunigen ist für diese Unternehmen mit Blick auf den Wettbewerbsvorteil sehr interessant. Und hierzu verhelfen eben DESADV und SSCC. Das heißt bei großen Abnehmern im Einzelhandel wie etwa Ahold, Makro, Globus u. ä., ist dies bereits gängige Praxis. Für die großen Namen im E-Commerce wie etwa Alza oder Rohlík gilt dasselbe. Man muss eben hineinwachsen. Für Abnehmer, die nur einzelne Ladeträger oder Paletten geliefert bekommen, spielt dies nicht unbedingt eine große Rolle (wenn die Kommunikation über EDI erfolgt, entnimmt der Abnehmer den Inhalt der Transportkiste oder Palette der jeweiligen DESADV). Sobald eine Lieferung jedoch auf mehrere Paletten aufgeteilt werden muss, wird er dies ohne die SSCC Variante der DESADV oder aber Auspacken der Palette nicht feststellen können.

Was könnte einer breiteren Nutzung von SSCC im Wege stehen? Welche Hürden gibt es, was kann bei der Implementierung oder im realen Betrieb Probleme bereiten?

Wenn SSCC in Kombination mit DESADV effektiv funktionieren soll, muss man einige Voraussetzungen mitbringen: Die Geschäftspartner müssen EDI besitzen, außerdem muss der Lieferant in der Lage sein, den richtigen Inhalt zusammenzustellen. Wenn diese Tätigkeit nicht manuell und arbeitsaufwendig sein soll, muss er seinen Versand steuern und benötigt ein WMS, damit er weiß, was genau er ausliefern wird und was sich auf welcher Palette befindet. Der Empfänger wiederum muss in der Lage sein, die genannten Informationen richtig und entsprechend zu verarbeiten und natürlich die Anfangshürde überwinden, dass nämlich nicht jede einzelne Palette ausgepackt werden muss. All dies kann der Entwicklung von SSCC in einem Unternehmen im Wege stehen.

Selbstverständlich gibt es auch für kleinere Lieferanten ohne WMS etliche kleinere EDI-Lösungen auf dem Markt, mit denen ein SSCC-Lieferschein erstellt werden kann.

Welche Perspektive sehen Sie für SSCC? Gibt es ähnliche oder konkurrierende Technologien zur Identifizierung von Versandeinheiten und die Rückverfolgbarkeit in der Lieferkette?

Nicht, wenn wir über SSCC als einmalige Kennzeichnung einer Palette bzw. dessen, was in der Distribution ist, sprechen. Eine andere Sache hingegen ist der Träger. Ob er sich anstelle von EAN128 auf einem ELE-Etikett in einem Chip oder QR-Code befindet, ist eine technische Frage, die nichts am Prinzip ändert. Verbesserungen hingegen könnte es auf der Ebene der technischen Verarbeitung geben (Lesegates und RFID-Chips), sodass zum Beispiel nicht jede Palette extra per Lesegerät abgelesen werden muss.

Eine Selbstverständlichkeit in der Entwicklung ist eine Verknüpfung der physischen Einheit, die in der Distribution ist und mit einer einmaligen Kennzeichnung identifiziert werden kann, mit konkreten Daten, etwa mit dem DESADV, der mir sagt, welche Ware sich auf der Palette befindet, welche Charge, welches Ablaufdatum u. ä. sie hat.

Inwieweit baut Ihr Unternehmen SSCC in seine Lösungen mit ein?

Da wir sowohl Lagerverwaltungssysteme (WMS) als auch EDI anbieten, bilden SSCC und deren Verknüpfung mit einem elektronischen Avis einen festen Bestandteil unseres Portfolios.

Mit unseren Lösungen sind wir in der Lage, das Lieferantennetz eines Anbieters rasch in die Kommunikation per EDI anzubinden und die distribuierten Ladeträger mithilfe von SSCC mit Verknüpfung zu einem elektronischen Avis (DESADV) zu identifizieren. Oder aber es Lieferanten zu ermöglichen, mithilfe von WMS einen effektiven Versand zu betreiben und Ordnung im Lager zu halten.

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